Julian Wienand: Chaotische Quantensysteme unter dem Mikroskop
Der Physiker promovierte unter der Leitung von Monika Aidelsburger.
In seiner Dissertation erforschte Julian Wienand chaotische Quantensysteme und deren Beschreibung. Seine Arbeit zeigt erstmals, dass sich solche Systeme makroskopisch als Diffusionsprozesse begreifen lassen. Das Modell der fluktuierenden Hydrodynamik (FHD), das komplexe Systeme vereinfacht beschreibt, ist demnach auch auf Quantenprozesse anwendbar. Diese Ergebnisse können die Analyse von Quantensystemen erheblich erleichtern und neue Perspektiven für die Erforschung komplexer Quantenphasen eröffnen.

Um das Fließverhalten von Wasser zu beschreiben, muss man nicht jede einzelne Wassermolekülbewegung kennen – makroskopische Strömungsgesetze reichen aus. Beobachtet man jedoch kleine Teilchen im Wasser, zeigen sie nicht nur die erwartete Strömungsbewegung, sondern auch erratische, ruckartige Bewegungen: die sogenannte Brownsche Molekularbewegung. Diese Fluktuationen lassen sich als weißes Rauschen beschreiben, wodurch „Hydrodynamik“ zur „fluktuierender Hydrodynamik“ (FHD) wird. Die FHD-Theorie erlaubt es, das gesamte Verhalten eines Systems unter bestimmten Umständen mit nur einer Zahl zu bestimmen, der Diffusionskonstanten.
Ob dieser Ansatz auch für chaotische Quantensysteme funktioniert, war eines der Themen von Julian Wienands Dissertation. Mithilfe eines Quantenmikroskops beobachtete er das Verhalten eines chaotischen Quanten-Vielteilchensystems mit ultrakalten Atomen in optischen Gittern. Die hochauflösende Bildgebung erlaubte es dem Physiker, nicht nur die mittlere Dichte der Atome, sondern auch ihre Fluktuationen zu messen. Indem er das System aus einem ungünstigen Ausgangszustand in Richtung thermisches Gleichgewicht entgleiten ließ, konnte er nachverfolgen, wie Dichtekorrelationen und Fluktuationen sich entwickelten. Die Ergebnisse zeigen: FHD beschreibt das System sowohl qualitativ als auch quantitativ. Das legt nahe, dass selbst chaotische Quantensysteme makroskopisch überraschend einfach als Diffusionsprozesse verstanden werden können – ähnlich wie die Brownsche Bewegung.
Julian Wienand begann 2018 als Masterstudent an der LMU und setzte dort nach einem Forschungspraktikum in Stanford seine Promotion fort. Ein Highlight seiner Zeit war die Sommerakademie der Studienstiftung in Leysin 2023, die er als Dozent mitgestaltete. „Es war ein großartiges Gefühl, unser Forschungsfeld weiterzugeben und Experimente mit den Teilnehmenden durchzuführen."
What’s next?
Nach seiner erfolgreichen Verteidigung wird Julian Wienand noch eine Weile weiter forschen, bevor er sich neuen Herausforderungen widmet – möglicherweise als Trainee bei der EU-Kommission: „Die Promotion hat mir gezeigt, wie vielseitig die Arbeit im Labor ist. Aber ich sehe für mich auch spannende Optionen außerhalb der universitären Forschung“, erklärt Julian Wienand.