Max-Planck-Institut für Quantenoptik gewinnt "Otto-Hahn-Triple"
Elisabeth Bothschafter, Andreas Reiserer und Michael Krüger werden in diesem Jahr mit der Otto-Hahn-Medaille der MPG ausgezeichnet.
Gleich drei junge Wissenschaftler, die am Max-Planck-Institut für Quantenoptik ihre Doktorarbeit ausgeführt haben, zeichnet die Max-Planck-Gesellschaft in diesem Jahr mit der prestigeträchtigen Otto-Hahn-Medaille aus: Elisabeth Bothschafter, Andreas Reiserer und Michael Krüger. Mit diesem Preis werden seit 1978 alljährlich rund 30 Nachwuchsforscher gewürdigt, die in ihrer Promotion Ergebnisse von herausragender wissenschaftlicher Bedeutung erzielt haben. Die Preisträger sollen dadurch motiviert werden, sich für eine Karriere in der Wissenschaft zu entscheiden. Andreas Reiserer erhält zudem den Otto Hahn Award, der in jeder der drei Sektionen der MPG nur einmal vergeben wird.
Dr. Elisabeth Bothschafter wird die Otto-Hahn-Medaille „für Untersuchungen der nicht-linearen Licht-Materie-Wechselwirkung in Dielektrika auf der Attosekunden-Zeitskala“ verliehen.
Elisabeth Bothschafter studierte Physik an der Universität Stuttgart und Ingenieurwissenschaften an der Ecole Centrale Paris im Rahmen eines Doppeldiplomprogramms, welches sie 2009 abschloss. Ihre Diplomarbeit verfasste sie bereits am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in der Abteilung Attosekundenphysik von Prof. Ferenc Krausz. Im Rahmen der International Max Planck Research School of Advanced Photon Science (IMPRS-APS) begann sie 2010 mit ihrer Doktorarbeit in der gleichen Abteilung. Von 2012 bis 2014 war sie Vizepräsidentin des „Student Chapter Munich of the Optical Society of America (OSA)“. Im Mai 2014 promovierte sie an der Technischen Universität München bei Prof. Reinhard Kienberger zum Thema: „Femtosecond and Attosecond Electron Dynamics in Semiconductors and Dielectrics“.
Bei der Untersuchung der Wechselwirkung von Femtosekunden-Lichtpulsen mit den in Silizium-Dioxid eingebundenen Elektronen erzielte Elisabeth Bothschafter grundlegend neue Erkenntnisse: sie konnte zeigen, dass das Material selbst bei sehr hohen Feldstärken fast unmittelbar auf die Lichtschwingungen reagiert, aber nach dem Ende des Laserpulses reversibel in seinen Ausgangszustand zurückkehrt. Dies ist im Hinblick auf mögliche technische Anwendungen, etwa in Form optischer Transistoren, von essentieller Bedeutung. Als Postdoc forscht die junge Wissenschaftlerin heute an der „Swiss Light Source“ am Paul-Scherrer-Institut im schweizerischen Villigen in der Gruppe von Dr. Urs Staub.
Dr. Andreas Reiserer wird mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet „für den zerstörungsfreien Nachweis eines optischen Photons und die Realisierung eines Quantengatters zwischen einem Atom und einem Photon“.
Andreas Reiserer begann das Studium der Physik an der Universität Würzburg und erhielt dort Ende 2009 den „Master of Science“. Während des Studiums war er Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Seine Doktorarbeit führte ihn nach Garching (bei München) in die Abteilung Quantendynamik von Prof. Gerhard Rempe am Max-Planck-Institut für Quantenoptik.
Dort hat er im Rahmen seiner Doktorarbeit „A controlled phase gate between a single atom and an optical photon“ mehrere Pionierexperimente aus dem Bereich der Quanteninformationswissenschaften durchgeführt. Ein einzelnes, in einem optischen Resonator allerhöchster Güte gefangenes und in den quantenmechanischen Grundzustand der Bewegung gekühltes Atom weist hier ein einzelnes optisches Photon nach, ohne dass dieses zerstört wird. Mit dem Photon als „fliegendem“ Quantenbit und dem Atom als „ruhendem“ Quantenbit hat Andreas Reiserer so ein quantenlogisches Licht-Materie-Gatter verwirklicht. Die Experimente sind von grundlegender Bedeutung für die Implementierung eines zukünftigen Quanten-Internets.
Nach der Promotion 2014 an der Technischen Universität München ging Andreas Reiserer als Postdoc in die Gruppe „Quantum Transport“ von Prof. Dr. Ronald Hanson, Kavli Institut für Nanowissenschaften und Technische Universität Delft (Niederlande). Die Verleihung des Otto Hahn Award beinhaltet die Zusage der MPG, dem jungen Wissenschaftler nach seinem Auslandsaufenthalt die Möglichkeit zu geben, an einem Max-Planck-Institut eine Arbeitsgruppe zu leiten.
Nominiert vom Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts, erhält Dr. Michael Krüger die Otto-Hahn-Medaille „für die Untersuchungen zu ultraschnellen elektronischen Prozessen an Nanostrukturen mit Hilfe von phasenkontrollierten Laserpulsen“.
Michael Krüger studierte Physik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, an der er 2009 sein Diplom erhielt. Seine Diplomarbeit und dann auch seine Doktorarbeit führte er am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in der Forschungsgruppe „Ultrafast Quantum Optics“ von Dr. Peter Hommelhoff aus. Im Oktober 2013 promovierte er mit dem Thema „Attosecond physics in strong-field photoemission from metal nanotips“ an der Ludwig-Maximilians-Universität.
Michael Krüger hat erstmals fundamentale Prozesse der Starkfeld- und Attosekundenphysik an Festkörpern nachweisen können. Hierbei wird ein Elektron im optischen Feld eines intensiven Laserpulses zunächst von seinem Mutteratom weggetrieben, kehrt eine halbe optische Periode später aber wieder dorthin zurück. Bei der Rekollision mit dem Mutteratom kann es entweder die aufgenommene Energie in Form energiereicher Strahlung abgeben oder elastisch gestreut werden. Diesen elastischen Streuprozess hat Dr. Krüger erstmals an einer scharfen Metallspitze nachgewiesen und gezeigt, dass Elektronen an einer Nanostruktur durch das Feld des Laserpulses gelenkt und vollständig kontrolliert werden können. Damit hat er die Tür zu extrem schneller, Lichtfeld-gesteuerter Elektronik geöffnet.
Als Postdoc folgte der Forscher zunächst seinem Betreuer Peter Hommelhoff, der 2012 einen Ruf an die Universität Erlangen-Nürnberg erhalten hatte. Seit Juni 2014 ist er Forscher in der Gruppe von Prof. Nirit Dudovich am Weizmann Institute of Science in Rehovot, Israel. Hier erhielt er bereits den Koshland Prize for outstanding postdoctoral fellows.
Elisabeth Bothschafter, Andreas Reiserer und Michael Krüger werden die mit einem Preisgeld von 7500 Euro verbundene Otto-Hahn-Medaille am 17. Juni 2015 in Berlin anlässlich der Hauptversammlung der Max-Planck-Gesellschaft in Empfang nehmen. Olivia Meyer-Streng