Thomas Udem erhält ERC Advanced Grant in Höhe von 2.5 Mio €
Im Projekt „High Resolution Laser Spectroscopy of Atomic Hydrogen and Deuterium“ (H-SPECTR) wollen Wissenschaftler die Energien für ausgewählte Übergänge im Wasserstoffatom mit bisher unerreichter Präzision messen.
Thomas Udem, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in der Abteilung Laserspektroskopie von Theodor Hänsch, hat erfolgreich einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) in Höhe von 2,5 Millionen Euro eingeworben. Die hochdotierten Mittel wird er einsetzen, um die Präzisionsexperimente zur Spektroskopie von atomarem Wasserstoff und Deuterium weiter voranzutreiben und so stückweise einer neuen Physik jenseits des Standardmodells auf die Schliche zu kommen. Aktuell sind bereits zwei Experimente zur Präzisionsmessung bestimmter Übergangsfrequenzen in Wasserstoff am MPQ in Betrieb. Ein weiteres Experiment, in dem Forschende eine optische Wasserstoffuhr entwickeln wollen, befindet sich gerade im Aufbau. Offizieller Projektbeginn ist im September, mindestens drei offene Stellen sind bis dahin zu besetzen.
Oft waren es genau die Diskrepanzen zwischen Theorie und Experiment, die die Physik entscheidend vorangetrieben haben. So ist auch die Quantenelektrodynamik kurz QED entstanden. Sie ist heute die genaueste Theorie in der Physik und diente als Blaupause für alle nachfolgenden Feldtheorien. Wie jedoch aus Beobachtungen des Kosmos bekannt ist, muss es bislang unbekannte Physik jenseits des sogenannten Standardmodells geben. Sie liegt wahrscheinlich dort verborgen, wo noch niemand gesucht hat, z.B. bei sehr hohen Energien oder extremer Präzision. Um mit der sogenannten Präzisionsgrenze weiterzukommen, ist die Spektroskopie von atomarem Wasserstoff und ähnlichen Systemen nahezu unerlässlich. Denn in der Einfachheit ihrer Struktur mit nur einem Elektron liegt der Schlüssel zur Entdeckung neuer fundamentaler Physik.
Die Quantenelektrodynamik testen zu wollen bedeutet, in so vielen Messungen wie möglich die Konsistenz der Parameter zu überprüfen, auf denen die Theorie basiert. Spektroskopische Daten liefern zudem den Input für die Bestimmung der besten Werte für die Fundamentalkonstanten. Die größte Hebelwirkung bei der Bestimmung der Rydberg-Konstante liegt derzeit in der 1S-3S-Übergangsfrequenz, die die Gruppe um Thomas Udem im Rahmen dieses Vorschlags verbessern will.
Eine zweite Apparatur liefert einen kalten Strahl aus atomarem Wasserstoff und Deuterium im metastabilen 2S-Zustand. Dieser wird in einer Reihe von Messungen, die den 2S-Zustand als Grundzustand verwenden, benutzt. Als weiteren Schritt wollen die Physiker eine Methode zum Einfangen von atomarem Wasserstoff in einer optischen Dipolfalle entwickeln, in der sie die Atome so fixieren können, dass sich seine Anregung besonders genau bestimmen lässt. Gefangene Wasserstoffatome lassen sich für eine neuartige optische Atomuhr nutzen, deren Frequenz mit Hilfe der QED berechenbar ist. Damit ließe sich die Definition der Sekunde auf andere Naturkonstanten zurückführen. Ein solches Verfahren eröffnet Vorteile bei der Realisierung von Maßeinheiten und wird bereits bei allen anderen Einheiten verwendet.
„Für uns ist der ERC Advanced Grant sehr wichtig, denn nur so können wir nun unsere Forschung am Wasserstoff fortsetzen. Eine neue Physik jenseits des Standardmodells lauert möglicherweise in den Nachkommastellen und an die gelangen wir nur mit ultrapräzisen spektroskopischen Messungen“, sagt Thomas Udem, Leiter der Forschungsgruppe.
Beschäftigt in der Gruppe von Thomas Udem sind derzeit zwei Postdoktoranden, ein Doktorand, zwei Masterstudenten und zwei Praktikanten. Für das neue auf fünf Jahre angelegte Projekt H-SPECTR will die Gruppe noch weitere Stellen – mindestens zwei Doktorandenstellen und eine Postdoktorandenstelle besetzen. Bewerber:innen können ihre Unterlagen direkt an Thomas Udem unter thomas.udem@mpq.mpg.de senden.