Forschungsgruppe "Ultraschnelle Quantenoptik" erhält Förderung der amerikanischen Moore-Stiftung

Die im Jahr 2000 gegründete Gordon and Betty Moore* Stiftung mit Sitz im kalifornischen Palo Alto unterstützt ein breites Spektrum von Projekten – von Umweltprojekten und Patientenversorgung bis hin zur Förderung innovativer Grundlagenforschung .

21. Februar 2013

In diesem Jahr gehört zu ihren ausgewählten Vorhaben die Entwicklung eines „Quanten-Elektronenmikroskops“, das insbesondere für die Untersuchung biologischer Proben einen großen Fortschritt bedeuten würde. Vier Gruppen – die „Ultraschnelle Quantenoptik“ unter der Leitung von Prof. Peter Hommelhoff am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, sowie jeweils ein Wissenschaftlerteam an der Stanford Universität (Stanford, USA), am Massachusetts Institute of Technology (Boston, USA) und an der Technischen Universität Delft (Niederlande) werden an diesem Thema koordiniert forschen. Über den Zeitraum von 40 Monaten erhalten die Forscher dafür von der Moore-Stiftung eine Förderung von 4 Millionen Dollar. Das Grundprinzip ihres neuen Messinstruments geht zurück auf die bahnbrechenden Arbeiten des Nobelpreisträgers für Physik 2012, Prof. Serge Haroche vom Collège de France (Paris).

Dass Elektronen nicht nur elektrisch geladene Teilchen sind, sondern wie alle Quantenteilchen auch Wellencharakter haben, ist seit rund hundert Jahren bekannt. Ihre sogenannte de Broglie-Wellenlänge liegt, bei entsprechend hohen Energien, im Nano- bis Pikometerbereich (10-9 bis 10-12 Meter), weshalb sie sich hervorragend für die Abbildung von Strukturen beispielsweise biologischer Proben eignen – hier wird eine räumliche Auflösung auf atomarer und molekularer Skala erreicht. Elektronenmikroskope haben mittlerweile einen Stammplatz in Technik und Forschung, doch der Haken bei dieser Methode ist, dass die Proben eine sehr hohe Strahlendosis erhalten, die zu einer Schädigung ihrer Struktur führen kann. Während der Aufnahme eines einzigen elektronenmikroskopischen Bildes bekommt eine Zelle in etwa die Strahlendosis, die sie durch eine weniger als 50 Meter entfernte Atombombenexplosion erhalten würde.

Dieses Problem wollen die Wissenschaftler nun mit der Methode der wechselwirkungsfreien Messung umgehen. Die Grundidee dieses Messprinzips wurde bereits vor mehr als 20 Jahren für Photonen ersonnen. Im Allgemeinen gilt, dass der Zustand eines Quantenobjekts durch den Messprozess selbst verändert oder unter Umständen sogar zerstört wird. Bei dem neuen Messprinzip wird der Spieß gewissermaßen umgedreht: Nicht der Zustand des Objekts wird durch die Beobachtung gestört – vielmehr beeinflusst seine Anwesenheit die Quanteneigenschaften des Beobachters. Experimentell realisiert wurde das Prinzip bereits in einem Team von Prof. Serge Haroche anhand von Mikrowellenresonatoren. Deren Resonanzeigenschaften ändern sich, sobald sich ein einzelnes Atom darin befindet. Die Durchlässigkeit oder Undurchlässigkeit des Resonators für Licht bzw. Mikrowellen gibt nun Auskunft über die Anwesenheit des Atoms, ohne dessen Zustand zu zerstören, da Objekt und Photonen nicht direkt miteinander in Wechselwirkung stehen.

Diese Methode des Nachweises ohne klassische Wechselwirkung wollen die Wissenschaftler nun mit Elektronen praktizieren. Der Strahl freier Elektronen soll nicht wie bei herkömmlichen Elektronenmikroskopen direkt auf die Probe gerichtet werden. Aufschluss über die Beschaffenheit der Probe gibt vielmehr die Wirkung, die sie auf die Quanteneigenschaften der Elektronen hat, ganz analog zu der Wirkung, die das in einem optischen Resonator gespeicherte Atom auf die Durchlässigkeit eines Lichtstrahls hat. Verwirklichen ließe sich dieses Konzept mit einem Elektronenresonator, der aus zwei elektrisch leitenden, dicht übereinander angeordneten Drahtschlaufen besteht. Ein im oberen Ring umlaufendes Elektron kann aufgrund seiner Quanteneigenschaften mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit in den unteren herunter “tunneln“, und wieder zurück, und so weiter. Sobald sich aber in der unteren Schlaufe ein undurchsichtiges Objekt, z.B. eine mit Goldteilchen markierte Probe befindet, werden diese Oszillationen abgebrochen.

„Zunächst einmal müssen wir zeigen, dass die wechselwirkungsfreie Messmethode auch mit Elektronen funktioniert. Wir haben dafür bereits wichtige technische Voraussetzungen geschaffen, z.B. Wellenleiterstrukturen, mit denen wir die Quanteneigenschaften von Elektronen gezielt manipulieren und kontrollieren können“, erklärt Prof. Peter Hommelhoff. „Die Entwicklung zu einem Mikroskop, das biologische Proben nicht-invasiv und mit hoher Auflösung abbilden kann, ist dann der nächste Schritt. Das Quanten-Elektronenmikroskop würde die verabreichten Strahlendosen erheblich reduzieren und vermeiden, dass die Strukturen der untersuchten Objekte zerstört werden. Ein faszinierendes Ziel wäre es, damit auch Filme von lebenden Zellen zu drehen – mit der räumlichen Auflösung eines Elektronenmikroskops.“ Olivia Meyer-Streng

* Gordon Moore, der selbst dem Stiftungsbeirat angehört, ist einer der Gründer der Computerfirma Intel und Namensgeber des Mooreschen Gesetzes, das die exponentielle Abnahme der Größe von elektronischen Bauelementen richtig vorhergesagt hat.

Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.moore.org

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