Bibliothekarin mit Herz und Seele

Bibliothekarin mit Herz und Seele

Karin Fröschl hat eine zentrale Rolle im MPQ: als Leiterin der wissenschaftlichen Bibliothek ist sie geschätzte Ratgeberin für alle Fragen und Belange rund um das Management von Publikationen - als amtierende Konfliktberaterin auch für diverse andere. 

Karin Fröschl leitet die wissenschaftliche Bibliothek des MPQs. Sie verschafft WissenschaftlerInnen den wichtigen Zugang zu Literatur und Publikationen, verhandelt Lizenzen, prüft Impact-Faktoren, vollzieht bibliometrische Analysen und berät. In Fragen zu Open Accces und Copyright ist sie Profi. Der digitale Wandel hat die Welt der Bibliotheken stark verändert. Diesen Prozess hat sie von Anfang an hautnah miterlebt - und am MPQ selbst gestaltet. Was sie der Bibliothek aber bis heute erhalten hat, ist der Ort der Ruhe und des gedanklichen Austausches, der viele einlädt zu verweilen. Aktuell ist Karin Fröschl außerdem die Konfliktberaterin am MPQ - auch dafür suchen KollegInnen sie auf. 

Wer das MPQ von Garching aus kommend besucht, der kennt nur die asphaltierte Straße, die Baustellen und die futuristisch anmutenden Gebäude des Wissenschaftsparks Garching. Was diese Aussicht nicht vermuten lässt: Direkt hinter dem Institutsgebäude ist Schluss mit Beton und Glas. Dort endet der Wissenschaftspark und es beginnen die Felder. Weite Sicht, ein paar Bäume und Vogelgezwitscher. Und genau da laden zwei Klappstühle unter einem Sonnenschirm zum Ausruhen und den Blick in die Ferne schweifen zu lassen ein.

“Das ist unser Bücherlesegarten”, sagt Karin Fröschl. Karin Fröschl hat sich darum gekümmert, dass hier dieses Kleinod entstanden ist. Sitzgelegenheiten, Tisch und Sonnenschirm sind nur durch eine niedrige Hecke vom angrenzenden Feld gedrängt, auf dem bis in den Spätsommer der Weizen stand. Der Lesegarten schließt an die Bibliothek an, deren Chefin Karin Fröschl ist. Sie hat die Sitzgelegenheiten geschaffen und das Grün in die Bibliothek geholt: Drinnen gibt es zwischen langen Bücherreihen einen kleinen Schreibtisch, der verdeckt wird von einer riesigen Birkenfeige und eine Sitzecke, ebenfalls eingefasst von verschiedenen Zimmerpflanzen in sattem Grün. Die Bibliothek des MPQs, das ist ihre Bibliothek. Ihr Reich, das sie mit allen teilt und für alle schön gestaltet. Die Menschen kommen gerne hierher. Um zwischen den Regalen zu browsen. Um zu Lesen. Um mal den Arbeitsort zu wechseln. Um sich auszutauschen. Um Pause zu machen.

Karin Fröschl ist schon seit fast 25 Jahren am MPQ. Damals hatte sie sich auf eine Stelle beworben, die in Teilzeit ausgeschrieben war. Sie wollte mehr Zeit haben für ihre Tochter, die damals noch sehr klein war. Heute ist die Tochter fast dreißig, steht auf eigenen Beinen und Karin Fröschl arbeitet Vollzeit. Karin Fröschl ist gebürtige Münchenerin, hat in Neubiberg ihr Abitur gemacht und dann eine Ausbildung zur Buchhändlerin bei einem kleinen Betrieb mit drei Filialen in Ottobrunn, im Landkreis München, angeschlossen. “Es war super, dass das ein kleiner Betrieb war, weil man dort alles machen musste. Wenn man sich um Kasse, Einkauf und Abrechnung kümmern muss, dann lernt man wie alles zusammenhängt.” Das, was sie dort gelernt hat, helfe ihr auch noch bei ihrem heutigen Job, so Karin Fröschl. “Man weiß einfach, was die anderen Abteilungen von einem brauchen, um weiterarbeiten zu können.” Nach der Ausbildung zog es sie erst einmal in die Ferne. Mit zwei Freundinnen machte sie einen Roadtrip durch die USA. Zurück in München fand sie eine Stelle bei einem großen Münchner Verlag. Dort kümmerte sie sich vor allem um die Literaturrecherche, aber auch um die Privatbibliotheken des Verlegers. Als sie sich am Institut bewarb, wurde ihr klar, wie unterschiedlich diese Welten sind:

 “Das war schon eine Umstellung, von dieser glitzernden Schickimicki-Welt, in ein Institut voller Maschinen und Wissenschaftlern, wo Äußerlichkeiten keine große Rolle spielen. Mir hat das gut gefallen, ich habe mich von Anfang an wohl gefühlt.”

Als sie vor knapp 25 Jahren begann, wurde das Institut noch von den beiden Gründungsdirektoren Prof. Dr. Karl-Ludwig Kompa und Prof. Dr. Theodor W. Hänsch, sowie Prof. Herbert Walther und Dr. Siegbert Witkowski geleitet. Diese beschäftigten sich mit ganz anderen Teilbereichen der Quantenoptik als die heutigen Direktoren. Auch Karin Fröschls Arbeit war über die Jahre von großen Veränderungen geprägt: Vor 25 Jahren begann die Digitalisierung des Bibliothekswesens. Karin Fröschl erinnert sich: “Es fing damit an, dass die Fachzeitschriften teilweise digital zur Verfügung standen. Open Access kannte man damals noch nicht. Manchmal hat man ein pdf zugeschickt bekommen. Meistens musste man Bücher und Zeitschriften aber noch bei anderen Bibliotheken bestellen, telefonisch oder per Brief”, berichtet sie. Und: “Ich war damals eine von den drei Prozent der Frauen in Deutschland, die im Internet unterwegs waren. Das war noch etwas Besonderes und darauf war ich auch ein bisschen stolz.”

Obwohl Bücher nach wie vor in der gedruckten Ausgabe verlangt werden, hat sich die vorwiegend analoge Welt komplett gewandelt und demnach auch Karin Fröschls Aufgabengebiete: Zwar haben MPG-Forscher direkten Zugang zu mehr Fachzeitschriften als die meisten ihrer Kollegen, weil die MPG für die wichtigsten Fachzeitschriften die Verträge zentral aushandelt, aber bei spezielleren Publikationen muss dann Karin Fröschl ran:

“Wir MPG-Bibliothekare arbeiten gut zusammen, so dass ich häufig ganz schnell Fachartikel über ein anderes Institut bekomme. Manchmal muss ich mich aber auch an die Verlage wenden, das dauert dann länger.”

Mit den Verlagen muss sie außerdem die Lizenzen für Fachzeitschriften aushandeln, die speziell für das Institut angeschafft werden. Ein paar Tausend Euro Jahresgebühr fallen da schon mal an: Fröschl mahnt: “Viele MPG-Wissenschaftler wissen gar nicht mehr wieviel Geld und Arbeit dahintersteckt, wenn sie ihre Fachartikel einfach online verfügbar haben.” Grundsätzlich ist ihre Aufgabe, jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin am Institut - vom Doktoranden bis zum Direktor - dabei zu helfen, an die Literatur zu kommen, die er oder sie braucht. Wenn das dann besonders schnell geht, sei die Freude bei den Suchenden besonders groß. “Ist ja auch klar, wenn jemand dringend ein Paper braucht, um weiter arbeiten zu können, dann braucht er oder sie es möglichst schnell und will nicht tagelang darauf warten.” Außerdem unterstützt sie bei der Recherche nach geeigneten Journalen für Publikationen, prüft deren Seriosität und den Impact Factor, leistet Hilfestellung im sehr komplexen Publikationsverfahren, vollzieht komplexe bibliometrische Analysen und berät zu Open Access und Copyright-Fragen.

Wenn man andere fragt, bekommt man zu hören, dass Karin Fröschl so etwas wie die Seele des Instituts sei. Sie lacht: “Das kann ich nicht sagen, das müssen die anderen wissen.” Tatsächlich deutet aber einiges darauf hin, dass sie jemand ist, der sich um die Belange ihrer Mitmenschen kümmert: Jeder kennt sie, sie war lange im Betriebsrat und in der vorletzten Legislaturperiode als Betriebsratsvorsitzende tätig und ist ausgewählt worden, Konfliktberatung am Institut anzubieten. Damit kann jeder, der eine Auseinandersetzung mit jemandem anderem am Institut hat, zu ihr kommen. “Ganz trivial ist der Job nicht”, sagt sie, “man muss immer neutral sein und für eine Konfliktlösung auch immer beide Seiten betrachten.”

Sie freut sich, wenn die Bibliothek als Rückzugsort und Ruhepol genutzt wird. Karin Fröschl: “Viele wirken unruhig und gestresst, wenn sie in die Bibliothek kommen und verlassen sie dann entspannter.”

(AE/KJ)

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