Durchbruch in der Ultraviolett-Spektroskopie
Physiker:innen am Max-Planck-Institut für Quantenoptik gelingt ein großer Fortschritt in der Präzision und Genauigkeit bei extrem niedrigen Lichtstärken
Forscher des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik (MPQ) haben eine neue Technik zur Entschlüsselung der Eigenschaften von Licht und Materie entwickelt, die gleichzeitig viele Substanzen mit hoher chemischer Selektivität nachweisen und genau quantifizieren kann. Atome und Moleküle können damit im ultravioletten Spektralbereich bei sehr schwachen Lichtstärken analysiert werden. Die neue Arbeit ermöglicht nun auch Experimente bei sehr schwachen Lichtverhältnissen und ebnet damit den Weg für neuartige Anwendungen der Photonendiagnostik; darunter zum Beispiel die Präzisionsspektroskopie einzelner Atome oder Moleküle für grundlegende Tests der Physik sowie der ultravioletten Photochemie in der Erdatmosphäre oder von Weltraumteleskopen aus. Die Arbeit erscheint heute online in Nature.
Die Ultraviolett-Spektroskopie spielt eine entscheidende Rolle bei der Untersuchung von elektronischen Übergängen in Atomen und rovibronischen Übergängen in Molekülen. Diese Untersuchungen sind unerlässlich für Präzisionsmessungen, Tests der fundamentalen Physik, der Theorie der Quantenelektrodynamik, der Bestimmung fundamentaler Konstanten, optischer Uhren, hochauflösender Spektroskopie zur Unterstützung der Atmosphärenchemie und der Astrophysik sowie der Starkfeldphysik unerlässlich. Wissenschaftler der Gruppe von Nathalie Picqué am Max-Planck-Institut für Quantenoptik haben nun einen bedeutenden Sprung auf dem Gebiet der Ultraviolett-Spektroskopie gemacht, indem sie erfolgreich hochauflösende lineare Absorptions-Doppelkamm-Spektroskopie im ultravioletten Spektralbereich implementierten. Diese wegweisende Technik eröffnet neue Möglichkeiten für die Durchführung von Experimenten unter Schwachlichtbedingungen und ebnet den Weg für neue Anwendungen in verschiedenen wissenschaftlichen und technologischen Bereichen.
Die Doppelkamm-Spektroskopie, eine leistungsstarke Technik für präzise Spektroskopie über eine große spektrale Bandbreite, wurde bisher hauptsächlich für die lineare Infrarotabsorption kleiner Moleküle in der Gasphase eingesetzt. Sie beruht auf der Messung der zeitabhängigen Interferenz zwischen zwei Frequenzkämmen mit leicht unterschiedlichen Wiederholfrequenzen. Ein Frequenzkamm ist ein Spektrum gleichmäßig verteilter, phasenkohärenter Laserlinien, das wie ein Lineal wirkt, um die Frequenz des Lichts mit äußerster Präzision zu messen. Die Doppelkammtechnik leidet nicht unter den geometrischen Beschränkungen, die mit herkömmlichen Spektrometern verbunden sind, und bietet ein großes Potenzial für hohe Präzision und Genauigkeit.
Zweikamm-Spektroskopie nun auch bei niedrigen Lichtintensitäten
Für die Doppelkamm-Spektroskopie sind jedoch in der Regel intensive Laserstrahlen erforderlich, so dass sie sich weniger für Szenarien eignet, in denen geringe Lichtstärken entscheidend sind. Das MPQ-Team hat nun experimentell gezeigt, dass die Zweikamm-Spektroskopie auch bei schwachem Licht effektiv ist, und zwar bei Leistungen, die mehr als eine Million Mal schwächer sind als die üblicherweise verwendeten. Dieser Durchbruch wurde mit zwei unterschiedlichen Versuchsaufbauten mit verschiedenen Arten von Frequenzkammgeneratoren erzielt. Das Team entwickelte ein Interferometer (Abb. 1), das die Statistik der Photonenzählung genau aufzeichnet und ein Signal-Rausch-Verhältnis an der Fundamentalgrenze aufweist. Diese Errungenschaft unterstreicht die optimale Nutzung des verfügbaren Lichts für Experimente und eröffnet die Aussicht auf Zweikamm-Spektroskopie in anspruchsvollen Szenarien, in denen niedrige Lichtstärken unerlässlich sind.
Die Erzeugung ultravioletter Frequenzkämme und der Bau von Doppelkamm-Interferometern mit langen Kohärenzzeiten sind mit einigen Herausforderungen verbunden. Diese erfolgreich zu meistern, hat nun den Weg für weitere Fortschritte auf diesem begehrten Gebiet geebnet. Es gelang dem Team, die Kohärenz von zwei Kammlasern mit einem Femtowatt pro Kammlinie hochgradig zu kontrollieren und einen optimalen Aufbau der Zählstatistik ihres Interferenzsignals über Zeiten von mehr als einer Stunde nachzuweisen. "Unser innovativer Ansatz für die Interferometrie bei schwachem Licht überwindet die Herausforderungen, die sich aus der geringen Effizienz der nichtlinearen Frequenzumwandlung ergeben, und schafft eine solide Grundlage für die Ausweitung der Doppelkamm-Spektroskopie auf noch kürzere Wellenlängen.", kommentiert Bingxin Xu, der Postdoktorand, der die Experimente leitete.
Eine spannende künftige Anwendung ist die Entwicklung der Doppelkamm-Spektroskopie bei kurzen Wellenlängen, um präzise Molekülspektroskopie im Vakuum- und Extrem-UV-Bereich über weite Spektralbereiche zu ermöglichen. Gegenwärtig ist die Breitband Spektroskopie im Extrem-UV-Bereich in Bezug auf Auflösung und Genauigkeit begrenzt und benötigt einzigartige Instrumente in spezialisierten Einrichtungen. "Die Ultraviolett-Doppelkamm-Spektroskopie ist zwar ein anspruchsvolles Ziel, aber dank unserer Forschung ist es nun realistisch geworden. Wichtig ist, dass unsere Ergebnisse die Möglichkeiten der Doppelkamm-Spektroskopie auf Schwachlichtbedingungen ausweiten und neue Anwendungen in der Präzisionsspektroskopie, der biomedizinischen Sensorik und der atmosphärischen Sondierung ermöglichen“, resümiert Nathalie Picqué.