Aufbruch in neue Frequenzbereiche

Ein internationales Team von Physikern unter der Leitung von Prof. Matthias Kling am Max-Planck-Institut für Quantenoptik und der Ludwig-Maximilians-Universität hat eine Messmethode zur Beobachtung licht-induzierter Vorgänge in Festkörpern erweitert.

7. Januar 2022

Wenn Materie durch ultrakurze Laserpulse angeregt wird, streuen angeregte Elektronen auf der Femtosekunden-Zeitskala. Eine Femtosekunde ist ein Millionstel einer milliardstel Sekunde. Informationen über die Streuung und andere schnelle Prozesse in dem Material lassen sich in der Wellencharakteristik des transmittierten oder reflektierten Lichtfeldes finden, mittels sogenannter feld-aufgelöster Spektroskopie. Ein Teil der Informationen war jedoch nicht zugänglich. Denn bisher haben feld-aufgelöste Experimente nur Frequenzen unterhalb von 50 Terahertz (Ein Terahertz ist eine Billion Schwingungen in der Sekunde) abgedeckt. Jetzt hat ein internationales Team um Prof. Matthias Kling an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in München die Messmethode auf einen Frequenzbereich von 50-100 Terahertz erweitert. Mit der Verdopplung der maximalen Frequenz gewinnen die Forscher neue Einsichten in licht-induzierte Vorgänge in Festkörpern.

Wenn Physiker mehr über die Dynamik von Elektronen in Festkörpern erfahren wollen, dann tasten sie diese mit elektromagnetischen Feldern ab. Eine besonders wirksame Methode ist die transiente feld-aufgelöste Spektroskopie. Werden durch einen Laserpuls Elektronen in einem Festkörper angeregt, ändert sich dessen Transmission oder Reflektivität. Über die transiente feldaufgelöste Spektroskopie kann diese Änderung nach der Anregung in der Wellenform eines Abtast-Lichtfeldes gemessen werden. Bisherige Experimente konzentrierten sich jedoch auf einen Frequenzbereich unterhalb von 50 Terahertz.

Jetzt hat ein internationales Team unter der Leitung von Prof. Matthias Kling die transiente feldaufgelöste Reflektometrie auf einen Frequenzbereich von bis zu 100 Terahertz erweitert und damit die maximale Frequenz verdoppelt. In der Messung konnten die Physiker zudem Wiederholungsraten im Megahertz-Bereich erzielen. Sie regten Halbleiter mit nahinfraroten Laserpulsen an (800 Nanometer Wellenlänge), die nur wenige Schwingungen lang dauerten (im Femtosekundenbereich). „Der Vorteil von Messungen in diesem erweiterten Frequenzbereich ist, dass er frei von anderen Resonanzen ist und man dadurch die Antwort der freien Elektronen in den Materialien gut beobachten kann“, erläutert Marcel Neuhaus, Erstautor der Studie. Damit ermöglicht die Technik eine zeitliche Auflösung der Dynamik von Elektronen in Festkörpern von unter zehn Femtosekunden.

Durch den erweiterten Frequenzbereich konnten die Physiker die Dynamik der freien Ladungsträger in den Halbleitern Germanium und Galliumarsenid in einem von störenden Resonanzen freien Bereich testen und dabei unter anderem beobachten, wie Elektronen zwischen den verschiedenen Energieminima des Leitungsbandes, den so genannten Tälern (engl. Valleys) streuen. Dadurch konnten sie Rückschlusse ziehen, wie sich die Elektronen bei diesem Streuvorgang gegenseitig beeinflussen.

 „Die demonstrierte feldaufgelöste transiente Reflektometrie bei Frequenzen von 50 - 100 THz ebnet den Weg um intramolekulare Schwingungsübergänge in einem breiten Spektrum von Systemen, einschließlich der molekularen/organischen Elektronik, zu untersuchen.“, erläutert Prof. Matthias Kling. Er fügt hinzu: „In der Zukunft kann der neue Frequenzbereich auch Untersuchungen mit hoher Sensitivität molekularer Schwingungen in organischen und neuartigen 2D-Materialien eröffnen“.

thn

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