“Die EU-Forschungsförderung ist besser als ihr Ruf”
Dr. Eileen Welz ist eine von drei Mitarbeiterinnen im EU-Büro der Max-Planck-Institute im Regionalcluster Bayern.
“Ich komme aus dem nördlichsten Zipfel von Franken. Nein, natürlich komme ich aus Bayern,” sagt Dr. Eileen Welz mit einem Augenzwinkern. Ihre Herkunft kann sie nicht leugnen, wenn sie spricht, rollt das R durch alle Sätze. Eileen ist Chemikerin, promoviert hat sie in der theoretischen Chemie. Und so fasst sie ihr Fachgebiet zusammen: “Die theoretische Chemie ist insgesamt sehr nah an der Physik. Meine Promotionsarbeit war nah an der Quantenphysik. In der quantenphysikalischen Forschung sind häufig die besten Ergebnisse solche, von denen man nicht weiß, warum sie entstanden sind. Wir Theoretiker greifen den Praktikern unter die Arme, indem wir versuchen das Ergebnis zu erklären.”
Auch wenn sie noch “Wir” sagt, wenn sie von den theoretischen Chemikern spricht, hat sie der wissenschaftlichen Karriere den Rücken gekehrt. “Das Forschen hat mir viel Spass gemacht, aber nur zu 80 Prozent. In der Wissenschaft muss man aber zu 100 Prozent dabei sein.” Sie hätte noch einen Postdoc-Stelle in Schweden in Aussicht gehabt, hat sich aber dagegen entschieden, weil sie gesehen hat, wie schwer sich viele ihrer ehemaligen Kommilitonen damit tun, eine Förderung für ihre Arbeit zu finden. Genau das sei auch ein Grund für sie gewesen ans MPQ zu kommen, so Eileen Welz: “Ich will anderen Wissenschaftlern dabei helfen, die richtigen Fördermittel für ihre Projekte zu finden.” Die Qualifikation für diese Tätigkeit hat sie sich quasi alleine, neben ihrer Promotion erarbeitet: Sie war Graduiertenkolleg-Sprecherin an der Universität Würzburg und hat dort gemeinsam mit dem betreuenden Professor und seiner Sekretärin an Ausschreibungen teilgenommen.
Sie bewarb sich auf eine ausgeschriebene Stelle im EU-Büro des Regionalclusters Bayern, das zwar am MPQ angesiedelt ist, aber alle Max-Planck-Institute in Bayern bei der Akquise von EU-Forschungsmitteln unterstützt. Ihre Aufgabe: Mittel aus dem Forschungsrahmenprogramm, wie der Topf für EU-Forschungsgelder genannt wird, zu beantragen. Das MPQ ist sehr erfolgreich in der Akquise solcher Mittel, rund fünf bis zehn Millionen Euro pro Jahr erhält das Institut aus dem Forschungsrahmenprogramm. Aktuell laufen zwei Flagships, große EU-Verbundprojekte, die in Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen durchgeführt werden. Außerdem haben MPQ-Wissenschaftlern in den vergangenen Jahren ein halbes Dutzend ERC-Grants bewilligt bekommen. ERC steht für European Research Council, der seit 2007 herausragende Projekte in der Grundlagenforschung fördert und als eines der erfolgreichsten Förderinstrumente der EU gilt.
Eileen Welz arbeitet im Team mit ihren Kolleginnen Rajima Smailji und Miriam Lorenz. Hierarchien gibt es keine und das funktioniert sehr gut:
“Wir sind ein dynamisches Trio”, sagt Eileen Welz lachend. “Wir arbeiten ja noch nicht sehr lange zusammen, aber es klappt super. Wir haben vieles verändert und haben noch viele Ideen, wie wir unsere Erfolgsquote bei EU-Anträge noch weiter erhöhen können.”
Ein ambitioniertes Ziel, denn eigentlich sind die drei schon sehr erfolgreich. Allein im Jahr 2019 haben sie für das MPQ fast drei Millionen Euro aus dem EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 eingeworben. Wie wichtig die Expertise bei der Antragstellung ist, zeigt eine beeindruckenden Zahl: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Antrag erfolgreich ist, steigt um mehr als 50% Prozent, wenn er über das EU-Büro gestellt wird.
Die drei haben sich die Institute untereinander aufgeteilt und ‘betreuen’ sie bei der Antragstellung, aber auch beim Projektmanagement. Sie besuchen Seminare und Workshops zu den aktuellen Ausschreibungen, schreiben einen Newsletter, der darüber informiert und geben selber Informationsveranstaltungen an den Instituten. Außerdem organisieren sie Seminare für die Nachwuchswissenschaftler, wie zum Beispiel ein Seminar zu Interview-Techniken. “Insgesamt finde ich, dass die jungen Forschenden noch lernen müssen, sich besser zu verkaufen. Ich sage ganz häufig ‘hey, Du hast so tolle Sachen gemacht, schreib das rein in den Antrag.”
Manchmal ist es sogar so, dass sie Wissenschaftler dabei unterstützt Anträge zu schreiben, mit denen sie sich vom Institut weg bewerben können. “Das klingt ein wenig paradox, dass man gute Mitarbeiter dabei unterstützt, das MPQ zu verlassen. Wir machen das, weil das MPQ es als seine Aufgabe sieht, Karrierewege innerhalb der Wissenschafts-Community zu unterstützen. Am Ende können wir auch wieder davon profitieren, wenn zum Beispiel jemand nach der Doktorarbeit woanders hingeht und ein paar Jahre später als senior scientist mit viel mehr Erfahrung zurückkommt.” Ein bisschen traurig ist Eileen Welz trotzdem immer, wenn einer der jungen Wissenschaftler, die sie unterstützt, weiterzieht: “Das gehört in der Wissenschaft dazu und es ist toll, wenn sie Karriere machen. Aber ein bisschen emotional sind solche Abschiede dann trotzdem.”
Die EU-Forschungsförderung war für Eileen Welz Neuland als sie ihre Tätigkeit am MPQ aufnahm:
“Ich hatte mich vorher nur mit Förderprogrammen des Forschungsministeriums und der Deutschen Forschungsgemeinschaft beschäftigt und muss sagen, dass die EU-Forschungsförderung besser ist als ihr Ruf, zumindest sind die Programme übersichtlicher und transparenter als unsere nationalen”, sagt sie.
Komplizierter und deshalb wahrscheinlich auch für Hochschulen abschreckend sei allerdings das Projektmanagement der EU-geförderten Projekte.
Eileen Welz ist gemeinsam mit ihrem Freund nach München gezogen, der ebenfalls Chemiker ist und in der bayrischen Hauptstadt einen Job gefunden hat. Die beiden teilen nicht nur die Wohnung, sondern auch ein gemeinsames Hobby, das Beachvolleyball-Spielen. Als gemischtes Doppel treten sie bei Wettkämpfen an. Außerdem spielt sie noch in der Damenmannschaft des FTM Schwabing in der Bayernliga. Mit ihren 1,75 Meter Größe ist sie für den Sport allerdings außergewöhnlich klein: “Das mache ich alles mit Sprungkraft wett”, sagt sie und lacht.
Eileen Welz ist ein Familien-Mensch. Wann immer neben Arbeit und Sport Zeit ist, fährt sie zurück in ihre Heimat, nach Maroldsweisach, einer Gemeinde, die ungefähr gleich weit von Bamberg, Coburg und Schweinfurt entfernt liegt. Ihre Eltern leben dort immer noch und auch ihre drei Brüder sind in der unmittelbaren Umgebung geblieben. Auch ein Grund für häufiger Heimreisen sind die beiden Esel Lasse und Nadine, die sie nicht mit in ihre Münchener Stadtwohnung nehmen konnte: “Ich fand Esel schon immer toll und hatte die zwei auf den Seiten des Tierheims gesehen. Mein Papa hat sie mir dann als Überraschung zu Weihnachten geschenkt.”
(AE)