Phasen im Leben eines Photons

MPQ-Physiker weisen gezielte Phasenänderung einzelner Lichtquanten mittels 2-Photonen-Quanteninterferenz nach.

13. Juli 2009

Die Kontrolle von Quanteneffekten erlaubt die Realisierung vollkommen neuer Technologien. Ein Beispiel dafür ist der Quantencomputer mit einer im Vergleich zum klassischen Computer enorm gesteigerten Rechenleistung, ein anderes ist die abhörsichere Übertragung geheimer Daten. Ideale Übermittler der Quanteninformationen in solchen Systemen sind Lichtpulse, die nur ein einziges Lichtquant, sprich Photon, enthalten. Für die Anwendungen ist es zwingend notwendig, diese genau kontrollieren und manipulieren zu können. In den letzten Jahren gelang es bereits, Form, Polarisation (Schwingungsrichtung) und Frequenz (Farbe) dieser Botenteilchen gezielt einzustellen. Ein Team um Prof. Gerhard Rempe, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching und Leiter der Abteilung Quantendynamik, hat nun gezeigt, dass sich auch die Phase eines einzelnen Photons steuern lässt (Nature Photonics, Advanced Online Publication, DOI: 10.1038 /NPHOTON.2009.115, 13. Juli 2009). Diese Ergebnisse haben neben Anwendungen in Quanteninformationssystemen auch fundamentale Bedeutung für das Verständnis der Teilcheneigenschaften von Licht.

Bei klassischen elektromagnetischen Wellen kennzeichnet die ‚Phase‘ deren momentanen Schwingungszustand. Sie kann präzise bestimmt werden. Aufgrund der Heisenbergschen Unschärferelation gilt dies nicht für die Phase der einzelnen Photonen, die das Lichtfeld erzeugen. Mit einer trickreichen Messanordnung konnten die MPQ-Wissenschaftler jedoch nachweisen, dass Änderungen dieser Phase sehr wohl zu beobachtbaren Phänomenen führen.

Schon seit einiger Zeit verfügen die Physiker der Abteilung Quantendynamik über eine zuverlässige Quelle von Einzelphotonen. Dazu fangen sie einzelne Rubidiumatome mit Hilfe stehender Lichtwellen in einem Mikroresonator ein. Das so über mehrere Sekunden gespeicherte Atom wird mit Laserpulsen angeregt und sendet dann, gewissermaßen auf Knopfdruck, einzelne Photonen aus. In dem hier beschriebenen Experiment werden nun zwei solche Photonen zeitgleich auf die zwei Eingänge eines Strahlteilers gelenkt, um ihre Wechselwirkung zu untersuchen.

Schematische Darstellung des untersuchten Effekts: In beiden Fällen treffen identische Photonen auf einen Strahlteiler, jedoch werden unterschiedliche Phasenmodulationen verwendet (symbolisiert durch grüne/rote Lampe). Dies hat Einfluss auf die Quanteninterferenz - die Lichtteilchen gehen im einen Fall gleiche, im anderen unterschiedliche Wege.

Im Experiment wird ein 50/50 Strahlteiler verwendet, der das Licht der beiden Eingänge gleichmäßig auf die beiden Ausgänge aufteilt. Ein klassisches Teilchen müsste sich am Strahlteiler für einen Ausgang entscheiden. Für zwei klassische Teilchen ist es also gleich wahrscheinlich, sie an demselben oder verschiedenen Ausgängen nachzuweisen. Photonen sind aber quantenmechanische Teilchen. Aufgrund ihres ‚bosonischen‘ Charakters sind zwei identische Lichtquanten dazu gezwungen, den Strahlteiler durch denselben Ausgang zu verlassen. Diese „Quanteninterferenz“ wurde in vielen Experimenten zweifelsfrei nachgewiesen und bildet heute als einer der Eckpfeiler der Quantenoptik die Grundlage vieler Anwendungen.

Die Wissenschaftler konnten nun jedoch zeigen, dass der Charakter dieser Quanteninterferenz gezielt verändert werden kann, indem die Phase eines der Photonen moduliert wird. Nach der Detektion des ersten Photons kann eine wohlgewählte Phasenform dazu benutzt werden, den Weg des zweiten Photons zu bestimmen. Damit war es sogar möglich, die Photonen in entgegengesetzte Ausgänge zu lenken – ein Verhalten, das in der Physik normalerweise Fermionen zugeschrieben wird.

Diese Messungen zeigen, dass auch der Phasenverlauf innerhalb des Wellenpakets eine wichtige Eigenschaft eines Photons ist. In Verbindung mit der Kontrolle über Form, Frequenz und Polarisation einzelner Photonen ermöglicht die gezielte Manipulation der Phase ihre vollständige Kontrolle. Diese Ergebnisse sind ein weiterer Schritt auf dem Weg, Quantencomputer mit Hilfe von Atomen und Photonen zu realisieren und können zur Formulierung neuer Quantenkommunikationsprotokolle genutzt werden.[OM/HS]

Kontakt:

Prof. Dr. Gerhard Rempe
Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik
Hans-Kopfermann-Straße 1, 85748 Garching
Telefon: +49 (0)89 32 905 -701 / Fax: -311
E-Mail:   gerhard.rempe@mpq.mpg.de

Dr. Olivia Meyer-Streng
Presse & Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Quantenoptik
Telefon: +49 (0)89 32 905 -213
E-Mail:   olivia.meyer-streng@mpq.mpg.de

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