Mehr Kontrolle über Plasmabeschleuniger
Physiker am Centre for Advanced Laser Applications der Ludwig-Maximilians-Universität München haben zwei Methoden der Teilchenbeschleunigung für Elektronenstrahlen kombiniert.
Wenn ein Teilchenbeschleuniger alleine nicht ausreicht, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen, warum nicht zwei Beschleuniger kombinieren? Das haben sich die Physiker am Centre for Advanced Laser Applications (CALA) der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) in Zusammenarbeit mit Kollegen des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf, des Laboratoire d'Optique Appliquée, Paris, des DESY in Hamburg und der Universität Strathclyde gedacht. Dazu haben sie zwei plasma-basierte Beschleunigungsmethoden für Elektronen kombiniert, und zwar einen Laser-getriebenen Wakefield-Beschleuniger (LWFA) mit einem Teilchenstrahl-getriebenem-Wakefield-Beschleuniger (PWFA). Mit dieser Kombination erreichen sie für Elektronenstrahlen eine bessere Stabilität und eine höhere Teilchendichte als mit nur einem einzelnen Plasmabeschleuniger. Die Tech-Ehe eröffnet daher der plasma-basierten Teilchenbeschleunigung neue Perspektiven.
Plasma-basierte Wakefield Beschleunigung gilt als heißer Kandidat für die nächste Generation von Teilchenbeschleunigern. In einer solchen Maschine bewegt sich ein intensiver Treiber durch ein Teilchengemisch aus Ionen und freien Elektronen, einem so genannten Plasma. Der Treiber, der entweder ein intensiver Laserpuls, oder ein kurzer, sehr intensiver Puls von hochenergetischen Teilchen ist, verdrängt die Plasmaelektronen, die sich in seinem Weg befinden. Ähnlich wie bei einem Boot auf einem See, fließt die verdrängte Materie hinter dem Treiber zurück in ihre Ausgangsposition. Auf der so entstehenden Kielwelle hinter dem Treiber können wiederum Elektronen surfen und innerhalb weniger Millimeter Energien im Gigaelektonenvolt-Bereich erlangen. Aufgrund der enorm großen beschleunigenden Felder, sind diese Plasmabeschleuniger allerdings äußerst schwer zu zähmen.
Die CALA-Laserphysiker haben nun experimentell gezeigt, dass durch die Kombination eines laser-getriebenen und eines Elektronenstrahl-getriebenen Plasmabeschleunigers eine höhere Stabilität und Teilchendichte erreicht wird, als dies mit einer einzelnen, laser-getriebenen Beschleunigerstufe möglich ist. Bei diesem „hybriden" Ansatz werden in einem ersten lasergetriebenen Wakefield-Beschleuniger Elektronenpakete mit einem hohen Spitzenstrom erzeugt. Diese Elektronen dienen als Treiber für den nachfolgenden teilchengetriebenen Wakefield-Beschleuniger, in dem wiederum Elektronen beschleunigt werden. Die Stabilität des neu erzeugten Elektronenpakets ist deutlich höher, da die zweite Beschleunigerstufe weit weniger sensibel auf unvermeidbare Fluktuationen des Treibers reagiert. Der hybride Ansatz kombiniert somit die Vorteile der beiden komplementären Treiberarten für plasmabasierte Beschleuniger.
Die Stabilität und die hohe Ladungsdichte der erzeugten Elektronenpakete ist grundlegende Voraussetzung für die Erzeugung von brillanter Röntgenstrahlung über verschiedene Mechanismen. Einerseits sind die schmalbandigen, wenig divergenten Elektronenpakete ideal geeignet für die Erzeugung harter Röntgenstrahlung durch Thomson-Rückstreuung, die für die medizinische Bildgebung genutzt werden kann. Andererseits sollte die hohe Strahlqualität anspruchsvolle neuartige Anwendungen wie plasmabasierte Freie-Elektronen-Laser (FEL) ermöglichen. Solche FEL-Strahlung könnte zukünftig für die Untersuchung ultraschneller Phänomene in Festkörpern mit räumlich und zeitlich atomarer Auflösung verwendet werden.
thn/mf