Neuartige Blutuntersuchung mittels Infrarotlicht

Laserphysiker, Molekularbiologen und Mediziner vom LMU und MPQ untersuchen die zeitliche Stabilität von sogenannten molekularen Fingerabdrücken

10. März 2021

Die Zusammensetzung der Moleküle in unserem Blut ist einzigartig, vergleichbar zu einem Fingerabdruck eines Menschen. Verändert sich jedoch der Mix der Moleküle im Organismus könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass er erkrankt ist. Voraussetzung einer solchen Diagnose ist es aber, vorab zu wissen ob der so genannte „molekulare Fingerabdruck“ eines Menschen im gesunden Zustand zuvor über längere Zeit stabil war. Eine solche Langzeitstabilität bei gesunden Personen hat nun das Team „Broadband Infrared Diagnostics“ (BIRD) um die Biologin Dr. Mihaela Žigman vom Lehrstuhl für Laserphysik von Prof. Ferenc Krausz am Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in der Zusammenarbeit mit der Medizinerin Prof. Dr. Nadia Harbeck vom LMU Klinikum mit Fourier-Transform Infrarotmessungen (FTIR) nachgewiesen. Die Forscher zeigten, dass die molekulare Zusammensetzung im Blut einzelner gesunder Personen über mehrere Monate stabil war und sogar individuell zugeordnet werden konnte.

Moleküle in unserer Blutbahn können Aufschluss über unseren Gesundheitszustand geben, vor allem dann, wenn sich deren typische Zusammensetzung verändert. Die große Kunst ist es jedoch, diesen Molekülmix exakt zu analysieren, denn manchmal sind die Konzentrationen von spezifischen Molekülen extrem gering. Nun hat das interdisziplinäre BIRD-Team unter der Leitung von Dr. Mihaela Žigman aus der Abteilung von Prof. Dr. Ferenc Krausz an der LMU in Zusammenarbeit mit der Medizinerin Prof. Dr. Nadia Harbeck vom Klinikum der LMU untersucht, wie stabil die Zusammensetzung der Moleküle im Blut bei gesunden Probanden über die Zeit ist.

Mit Hilfe von Fourier-Transform Infrarotmessungen (FTIR) haben die Forscher Fingerabdrücke von Blutserum- und Plasmaproben von 31 gesunden Personen über den klinisch relevanten Zeitraum von einem halben Jahr lang untersucht. Dabei zeigte sich, dass der molekulare Fingerabdruck eines jeden Probanden über einige Tage, Wochen und sogar Monate stabil war und individuell zugeordnet werden konnte.  

„Diese bisher unbekannte zeitliche Stabilität einzelner biochemischer Fingerabdrücke bildet die Grundlage für künftige Anwendungen des blutbasierten Infrarot-Spektral-Fingerabdrucks als verlässliche Art der Gesundheitsüberwachung“, freut sich BIRD-Gruppenleiterin Mihaela Žigman.

Fourier-Transform Infrarotmessungen, die mit konventionellem Licht arbeiten, könnten künftig von Infrarotlaser-basierten Messungen abgelöst werden. Diese Art der Analyse von Molekülen im Blut wäre aufgrund der enormen Stärke des Laserlichts exakter als die bisher verwendete FTIR-Methode. An entsprechenden Lasertechnologien arbeiten die Physiker im attoworld-Team von Prof. Ferenc Krausz. Mit Hilfe einer neu entwickelten Infrarot-Lasertechnologie bringen die attoworld-Forscher Moleküle zum Schwingen und damit zum eigenständigen Aussenden von Licht. Diese elektromagnetischen Schwingungen ordnen die Forscher präzise den Bestandteilen der Bioflüssigkeiten zu. So detektieren sie spektroskopisch selbst winzige Konzentrationen einzelner Molekülarten (Nature 2. Januar 2020, doi 10.1038/s41586-019-1850-7).

„Mit unseren Lasern können wir bereits elektrische Signale aus Molekülen mit einer sehr hohen Empfindlichkeit nachweisen“, erklärt Ferenc Krausz. „Diese präzise Messung von Veränderungen in der molekularen Zusammensetzung von Körperflüssigkeiten, gepaart mit dem Wissen über den stabilen Molekularen Fingerabdruck bei gesunden Menschen, eröffnet neue Möglichkeiten in der Biologie und Medizin.“, erklärt Marinus Huber, der Erstautor der Studie. „Diese Ergebnisse demonstrieren die Möglichkeit von effizienten, wiederholten und minimal-invasiven Messungen von blutbasierten Infrarot-Fingerabdrücken und bilden damit die Grundlage für zukünftige Anwendungen zur Überwachung des menschlichen Gesundheitszustands und damit zur Früherkennung von Krankheiten. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Zukunft der Systembiologie und des Gesundheitswesens und tragen dazu bei, die Zukunft der präventiven modernen Medizin zu gestalten.“ ergänzt Mihaela Žigman.

(TN)

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