Wellennatur des Lichts in Super-Zeitlupe
Physikern des MPQ in Garching bei München, der Universitäten Erlangen-Nürnberg und Jena gelingt hochpräzise Messung der Welleneigenschaften fokussierter ultrakurzer Lichtpulse.
Ultrakurze Lichtpulse, die aus so breiten optischen Spektren bestehen, dass die Strahlen weiß aussehen, sind heute weit verbreitet. Sie werden unter anderem eingesetzt, um die Netzhaut des Auges zu untersuchen oder um physikalische Vorgänge auf atomarer Ebene zeitlich aufzulösen und zu steuern. In fast allen dieser Anwendungen werden die weißen Laserpulse fokussiert. Da die genaue Form der Lichtwelle bestimmt, wie sich zum Beispiel Elektronen in ihr bewegen, ist es unabdingbar zu wissen, wie der fokussierte Laserstrahl genau aussieht.
Der Effekt lässt sich mit dem Bild eines Schiffes auf stürmischer See veranschaulichen. Für den Steuermann ist es nicht nur von Bedeutung, wie hoch und wie lang die Wellen sind, sondern er muss auch stets die eintreffende Welle im Auge behalten, um zu wissen, zu welchem Zeitpunkt sie auf das Schiff trifft, damit er sicher den Wellenberg hoch und auf der anderen Seite wieder hinunter steuern kann. Genauso ist es für Wissenschaftler bei vielen Experimenten und Anwendungen wichtig zu wissen, wann und wo das Maximum der Lichtwelle etwa auf die Elektronen trifft, um sie gezielt beeinflussen zu können. Die Änderung und Ausbreitung der Wellen des elektrischen Feldes finden dabei auf der Zeitskala von einigen hundert Attosekunden statt – dem milliardsten Teil einer Milliardstelsekunde. Auf dieser Zeitskala konnte bisher die genaue Verteilung der Wellentäler und -berge nicht im Fokus eines Laserstrahls vermessen werden.
Den Forschern ist dies nun gelungen: Sie fokussieren Laserpulse auf eine nanometerscharfe Metallspitze, wodurch Elektronen aus der Spitze emittiert werden. Diese Elektronen fungieren für die Wissenschaftler als Sonde für die genaue Form der Lichtwelle.
Dem Licht beim Reisen zugeschaut
Bereits vor fast 130 Jahren hat der französischen Physiker Louis Georges Gouy (1854 - 1926) mittels Interferenz eine Phasenverschiebung bei Fokussierung von einfarbigem Licht beobachtet und beschrieben. Dieser Effekt, nach seinem Entdecker als „Gouy-Phase“ benannt, wurde lange Zeit auch für weiße, also sehr viele Farben umfassende Laserspektren angenommen. Die Messungen der bayerisch-fränkischen Forschungskooperation haben diese Beschreibung erweitert, so dass jetzt auch bei kurzen Lichtpulsen kein Kapitän mehr von unerwartet auftauchenden Wellenbergen überrascht werden muss – um im Bild zu bleiben.