Ein neues Zuhause für Ultrakurzzeit-Solitonen
Laserphysiker des Labors für Attosekundenphysik an der Ludwig-Maximilians-Universität und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik erzeugen erstmals dissipative Solitone in passiven Freistrahlresonatoren.
Als der junge Ingenieur John Scott Russel das Phänomen der Solitonen 1834 anhand von Wasserwellen erstmals beobachtete, konnte er nicht ahnen, wie wichtig diese besondere Art von Wellen später einmal in der Physik werden sollte. Insbesondere optische Solitonen, also Lichtwellen, stellen heute in der Lasertechnik einen wesentlichen Baustein für die Erforschung der Quantenoptik und Ultrakurzzeitphysik dar.
Nun haben die Physiker des Labors für Attosekundenphysik am MPQ und der LMU es erstmals geschafft, Solitonen in einem passiven Freistrahlresonator zu produzieren. Dazu koppelten sie 350 Femtosekunden lange Infrarot-Laserpulse (1035 Nanometer Wellenlänge) mit 100 MHz Wiederholungsrate in eine Weiterentwicklung eines Überhöhungsresonators ein, dessen Herzstück eine kleine Saphirkristallplatte ist. „Das elektromagnetische Feld des Lichtpulses erzeugt im Kristall eine nichtlineare Änderung des Brechungsindex“, erklärt Nikolai Lilienfein, Erstautor der Veröffentlichung. „Das bewirkt eine Phasenverschiebung, die die Dispersion im Resonator vollständig kompensiert und erlaubt zudem eine spektrale Verbreiterung“. Da die Leistungsverluste im Resonator gleichzeitig durch die interferometrisch eingekoppelte Laserquelle ausgeglichen werden, kann ein Soliton im Prinzip endlos im Resonator kreisen. Zudem entwickelten die Wissenschaftler eine Methode, die eine Energiezufuhr zum Resonator-Soliton mit noch nie dagewesener Effizienz ermöglicht. So erzeugten die Forscher Solitonen mit einer Pulsdauer von 37 Femtosekunden und einem Überhöhungsfaktor der Spitzenleistung von 3200.
Diese neue Überhöhungsresonator-Technik schafft neue Möglichkeiten zur hochpräzisen Erzeugung von Zügen extrem ultravioletter (XUV) Attosekundenblitze zur Erforschung des Mikrokosmos (eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer milliardstel Sekunde). Solche ultrakurzen Lichtblitze machen es wiederum möglich, die Bewegungen von Elektronen zu beobachten. „Über die letzten Jahre haben wir die einzigartigen Vorteile von Überhöhungsresonatoren für Experimente der Attosekundenphysik nutzbar gemacht. Mit unserer neuen Technik öffnen wir einen Weg für einen weiteren Sprung in Leistung und Stabilität solcher Systeme bei gleichzeitiger Reduzierung der Komplexität“, erklärt Dr. Ioachim Pupeza, Leiter der Forschungsgruppe im LAP-Team. Dies würde ebenso der XUV-Frequenzkammspektroskopie zugutekommen, die etwa für die Entwicklung einer neuen Generation optischer Uhren auf der Basis nuklearer Quantenübergänge von höchster Bedeutung ist.