Kalte Atome machen Mikrowellenfelder sichtbar.
MPQ-LMU-Wissenschaftler Team verwendet kalte Atomwolken für die Abbildung von Mikrowellenfeldern.
Mikrowellen sind aus der modernen Kommunikationstechnologie nicht mehr wegzudenken. So enthalten beispielsweise Mobiltelefone und Laptops integrierte Mikrowellenschaltkreise für die Kommunikation mit Drahtlosnetzwerken. Für die Entwicklung solcher Schaltkreise werden ausgefeilte Techniken benötigt, welche die Mikrowellenfelder messen und charakterisieren. Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Prof. Theodor W. Hänsch (Max-Planck-Institut für Quantenoptik und Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)) und Prof. Philipp Treutlein (Universität Basel) hat nun eine neuartige Methode entwickelt, die es erlaubt, Mikrowellen-Magnetfelder vollständig und mit hoher Ortsauflösung direkt abzubilden. Als „Sensoren“ für die Mikrowellenfelder dienen dabei Wolken von ultrakalten Atomen. Die Arbeit erscheint als Titel der aktuellen Ausgabe von Applied Physics Letters (Appl. Phys. Lett. 97, 051101, (2010)).
Die moderne drahtlose Kommunikation beruht auf der Übertragung von Informationen mit Radiofrequenz- und Mikrowellen. Integrierte Mikrowellenschaltkreise in Geräten wie Mobiltelefonen und WLAN-fähigen Laptops dekodieren und verarbeiten die Information. Bei der Entwicklung solcher Schaltkreise werden Computersimulationen eingesetzt. Da moderne Schaltkreise eine sehr große Zahl von Komponenten enthalten, können die Mikrowellenfelder jedoch nur näherungsweise simuliert werden. Letztendlich sind Messungen nötig, um Gewissheit über die Funktion der Schaltkreise und eventuelle Störungen bei der Übertragung zu erhalten.
Um Mikrowellenschaltkreise gezielt zu überprüfen und zu verbessern, möchte man idealerweise sämtliche Komponenten der Mikrowellenfelder direkt und mit möglichst hoher Ortsauflösung abbilden. Bei den existierenden Verfahren wird das zu vermessende Feld Punkt-für-Punkt abgerastert, was einige Zeit in Anspruch nimmt. Die meisten Verfahren können dabei lediglich die Amplituden, nicht aber die Phasen der Mikrowellenfelder bestimmen. Weitere Probleme sind, dass das zu vermessende Feld durch die Verwendung von makroskopischen Sonden leicht gestört werden kann und die Ortsauflösung relativ gering ist.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik, der LMU München und der Universität Basel haben nun eine neue Methode zur Abbildung der Magnetfeldkomponenten von Mikrowellen entwickelt. Als Sonden für das Mikrowellenfeld verwenden sie dabei kleine Wolken von ultrakalten Atomen, die sie zuvor mit Hilfe von Methoden der Laserkühlung auf Temperaturen von wenigen Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt haben. Bei diesen Temperaturen gehorchen die Atome den Gesetzen der Quantenphysik und reagieren sehr empfindlich auf angelegte äußere Felder, was sie zu idealen Sensoren macht. Mit Hilfe von statischen Magnetfeldern werden die Atome am gewünschten Ort über dem Mikrowellenschaltkreis positioniert und das zu vermessende Mikrowellenfeld wird angelegt.
„Die Atome ändern ihren inneren Zustand, wenn sie sich in einem Mikrowellenfeld befinden“, erklärt Pascal Böhi, der die Methode im Rahmen seiner Doktorarbeit mit entwickelt hat. „Diese Zustandsänderung können wir mit einer CCD-Kamera mit hoher Ortsauflösung abbilden. Je stärker das Mikrowellenfeld an einem gegebenen Ort ist, desto schneller ändert sich dort der Zustand der Atome.“ Eine Besonderheit der neuen Methode liegt darin, dass das Mikrowellenfeld nicht Punkt-für-Punkt abgerastert werden muss. Vielmehr lässt sich in einer einzigen Messung bereits ein komplettes Bild einer Feldkomponente in einer Ebene aufnehmen. Dies beschleunigt die Aufnahme der Daten erheblich. Außerdem ermöglicht die Technik nicht nur die Rekonstruktion der Amplituden, sondern auch der Phasen des Mikrowellenfeldes. Da die Atome mikroskopisch klein sind, stören sie den zu vermessenden Mikrowellenschaltkreis im Gegensatz zu makroskopischen Messköpfen nicht. Die neue Methode kann bei unterschiedlichen Frequenzen im Gigahertz-Bereich verwendet werden.
„Um von der ersten Umsetzung im Labor zu kommerziellen Anwendungen zu kommen, ist natürlich noch weitere Entwicklungsarbeit nötig“, so Philipp Treutlein, der Leiter der Projekts. Allerdings wurde vor kurzem bereits ein sehr kompakter und portabler Aufbau für Experimente mit ultrakalten Atomen realisiert, der für solche Anwendungen interessant sein könnte. Die Apparatur selbst hat Raumtemperatur, lediglich die darin gespeicherten Atome werden mit Hilfe von Lasern abgekühlt, was nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt. Die wesentlichen Komponenten solcher Aufbauten sind mittlerweile kommerziell erhältlich. Wegen der möglichen Anwendungen haben die Wissenschaftler ihre neue Methode zur Abbildung von Mikrowellenfeldern zum Patent angemeldet. Philipp Treutlein
Atome als Sensoren für Mikrowellenfelder. Abgebildet ist die Zustandsverteilung einer Wolke von ultrakalten Atomen in der Nähe eines Mikrochips nach Anlegen eines Mikrowellenpulses. Die verschiedenen Einzelbilder entsprechen unterschiedlichen Feldkomponenten der Mikrowelle. (Bild: Max Riedel/Pascal Böhi/Philipp Treutlein, MPQ und LMU München).
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E-Mail: treutlein@lmu.de
www.munichatomchip.de
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Klingelbergstrasse 82, CH-4056 Basel
E-Mail: philipp.treutlein@unibas.ch
www.atom.physik.unibas.ch
Prof. Dr. Theodor W. Hänsch
Lehrstuhl für Experimentalphysik, LMU München
Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik
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E-Mail: t.w.haensch@mpq.mpg.de
Dipl.-Phys. Pascal Böhi
Max-Planck-Institut für Quantenoptik
und LMU München, Fakultät für Physik
Schellingstr. 4/III, 80799 München
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E-Mail: pascal.boehi@physik.lmu.de
Dr. Olivia Meyer-Streng
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Max-Planck-Institut für Quantenoptik
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