Wie groß ist das Alpha-Teilchen? Laserspektroskopie liefert die bisher genaueste Messung

4. Februar 2021

Die Größe des Alpha-Teilchens, des Kerns des Helium-Atoms, ist so genau wie nie zuvor gemessen worden. Die neuen Ergebnisse zeigen einen Wert von 1.67824(83) Femtometer, der 4.8 Mal genauer ist als die besten vorherigen Messungen. Forscher nutzten dazu die Laserspektroskopie von exotischen Helium-Ionen, bei denen das Elektron durch ein 200-mal schwereres Myon ersetzt ist. Das Experiment, über das am 28. Januar 2021 in Nature berichtet wurde, wurde von einem internationalen Forscherteam (CREMA) durchgeführt, die die weltweit stärkste Quelle für niederenergetische Myonen am Paul-Scherrer-Institut in der Schweiz nutzt.

CREMA ist eng mit der Abteilung Laserspektroskopie des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik in Garching verbunden. Der Sprecher, Randolf Pohl, jetzt Professor an der Universität Mainz, war während der Zeit des Experiments ein leitender Mitarbeiter am MPQ, und der Erstautor Julian Krauth, der über dieses Experiment im Rahmen seiner Doktorarbeit bei Professor Hänsch berichtete, hat bei der Koordination der theoretischen Interpretation der experimentellen Daten eine zentrale Rolle gespielt. Weitere ehemalige MPQ-Doktoranden in der Kollaboration sind Aldo Antognini, Mark Diepold und Tobias Nebel.

Der Ladungsradius einfacher Atomkerne spielt eine wichtige Rolle beim Test theoretischer Kernmodelle. Das Alpha-Teilchen ist nach dem Proton, dem Kern des Wasserstoffatoms, der kleinste Atomkern. Obwohl es aus zwei Protonen und zwei Neutronen besteht, ist es noch kleiner als das Deuteron, das nur ein Proton und ein Neutron enthält. Die Verschiebungen atomarer Energieniveaus durch die endliche Kerngrösse sind in myonischen Atomen millionenfach verstärkt, so dass Laserspektroskopie die Kernstruktur mit hoher Präzision erkunden kann. Eine genaue Messung des Alpha-Teilchen-Ladungsradius erschien besonders interessant seit der Entdeckung des Protonenradius-Rätsels, bei dem die Laserspektroskopie von myonischem Wasserstoff und gewöhnlichem Wasserstoff unterschiedliche Ergebnisse für den Ladungsradius des Protons lieferte.

Die neue laserspektroskopische Messung der 2S-2P-Lamb-Shift-Resonanz in myonischen Helium-4-Ionen ergibt einen mittleren quadratischen Ladungsradius des α-Teilchens von 1,67824(83) Femtometern. Dieses Ergebnis stimmt gut mit  mit Messwerten durch Elektronenstreuung überein, ist aber um einen Faktor 4,8 genauer. Es eignet sich daher für genaue Tests theoretischer Kernmodelle, Gitter-Chromodynamik, und Elektronenstreung. Die Übereinstimmung schließt einige Modelle jenseits des Standard-Modells aus, die für eine Erklärung des Protonenradius-Puzzles vorgeschlagen wurden, und ist im Einklang mit jüngsten neuen spektroskopischen Experimenten am gewöhnlichen Wasserstoff. Laserspektroskopie an leichten myonischen Atomen und Ionen ist damit als präzises Werkzeug für die Erkundung atomarer Kerneigenschaften bestätigt.

„Die Laserspektroskopie an einfachen exotischen Atomen, wie myonischem Wasserstoff, hat mich schon immer fasziniert, weil wir dadurch die Quantenphysik unter bisher unerforschten Bedingungen studieren können. Präzise Messungen bei niedrigen Energien haben eine reelle Chance, ähnlich wie Experimente mit großen Teilchenbeschleunigern, neue Physik jenseits des Standard-Modells entdecken,“ erklärt Theodor Hänsch.

(TH)

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