Lichtwellengesteuerter Nanobeschleuniger eröffnet neue Perspektiven

Extrem kurze Elektronenpakete gelten als Schlüssel zu vielfältigen neuen Anwendungen wie ultraschnelle Elektronenmikroskopie und Freie-Elektronen Laser im Labormaßstab.

2. November 2017

Ein Team von Physikern der Universität Rostock, dem Max-Born-Institut in Berlin, der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching hat jetzt gezeigt, wie Elektronen mit Hilfe von Laserlicht beim Durchqueren von nur wenige Nanometer großen Silberpartikeln extrem stark und kontrolliert beschleunigt werden können. Besonders entscheidend für mögliche Anwendungen ist dabei, dass die beobachtete Beschleunigung in Form eines aus der Raumfahrt bekannten swing-by-Manövers im Nanometermaßstab mit der Wellenform des Laserfelds gesteuert werden kann. Dies könnte eine rein optisch kontrollierte Erzeugung von Elektronenpulsen auf der Attosekunden-Zeitskala ermöglichen.

Setzt man Metallcluster, also winzige metallische Nanopartikel aus nur wenigen tausend Atomen, intensivem Laserlicht aus, so werden die in dem Teilchen beweglichen Elektronen zu einer kollektiven Schaukelbewegung angeregt. Bei der Verwendung einer geeigneten Lichtfarbe ist eine resonante Anregung möglich, die zu einem extremen Aufschaukeln der Elektronenwolke führt und damit ein vielfach verstärktes elektrisches Feld in dem Teilchencluster hervorruft. In dem am Institut für Physik in Rostock durchgeführten Experiment hat das Team um Prof. Thomas Fennel dieses plasmonisch verstärkte Nahfeld nun gezielt genutzt. Mit sogenannten Zweifarben-Laserpulsen modifizierten die Wissenschaftler über die Phasenlage des Lichtfeldes die plasmonischen Felder so, dass Elektronen beim Durchfliegen des Nanopartikels innerhalb von nur einer optischen Schwingung durch einen Schleudereffekt kontrolliert beschleunigt werden können. Die experimentell beobachteten und durch ein theoretisches Modell im Detail erklärten Befunde der Wissenschaftler wurden jetzt in dem Journal Nature Communications veröffentlicht.

Zum ersten Mal ist es damit gelungen, elektronische Prozesse in Clustern mit Hilfe der Wellenform des Laserlichtes zu kontrollieren. Sowohl für die Experimente als auch für die Theorie stellen die nur wenige Nanometer großen Cluster ideale Modellsysteme für die Erforschung neuer physikalischer Effekte in der Licht-Materie-Wechselwirkung von Nanostrukturen dar. „In unserem Experiment konnten wir zeigen, dass die Elektronen in dem Nanobeschleuniger innerhalb einer optischen Periode Energiemengen von bis zu einem Kiloelektronenvolt aufnehmen können, was im Vergleich zur Starkfeldionisation von Atomen einer Steigerung um mehr als eine Größenordnung entspricht“, erläutert Dr. Josef Tiggesbäumker vom Institut für Physik in Rostock, der zusammen mit Erstautor Dr. Johannes Passig und dem Team um Clusterphysiker Prof. Karl-Heinz Meiwes-Broer die Versuchsapparatur für die Experimente entwickelte. „Die Beschleunigung der Elektronen mittels nahfeld-assistierter Vorwärtsstreuung kann über die Lichtwellenform mit Attosekunden-Präzision (1 Attosekunde = 1 Milliardstel einer Millardstel Sekunde) geschaltet werden.“, erklärt Prof. Matthias Kling von der Ludwig-Maximilians-Universität und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching, der die Technologie zur Erzeugung der phasenkontrollierten Pulse zur Verfügung gestellt hat. „Die Steuerung einzig und allein über das zur Beschleunigung verwendete Laserlicht eröffnet völlig neue Wege im Umfeld der aktuell intensiv erforschten lichtbasierten Teilchenbeschleunigung“, resümiert Heisenberg Stipendiat Fennel, der derzeit an der Universität Rostock und dem Max-Born-Institut Berlin forscht und die Idee für das Experiment entwickelt hat. Die Forscher planen nun, das Beschleunigungsprinzip in Folgestudien in einem mehrstufigen Szenario zu realisieren, um so den möglichen Einsatz in lasergetriebenen Gitterbeschleunigern zu erforschen.

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