Ein Schalter für die Lichtwellenelektronik

Ein Team im Labor für Attosekundenphysik des Max-Planck Instituts für Quantenoptik und der Ludwig-Maximilians Universität hat die Wechselwirkung von Licht und Glas so optimiert, dass man sie für eine künftige lichtwellengesteuerte Elektronik einsetzen könnte.

Lichtwellen könnten die Transistoren der Zukunft antreiben. Die elektromagnetischen Wellen des Lichts schwingen rund eine Million Mal in einer milliardstel Sekunde, also mit Petahertz-Frequenzen. So schnell könnte potenziell auch die künftige Elektronik werden, rund 100.000 Mal schneller als die digitale Elektronik der Gegenwart. Die Voraussetzung dafür ist das bessere Verständnis der sub-atomaren Elektronenbewegungen, die durch das ultraschnell variierende elektrische Feld von Licht induziert werden. Jetzt hat ein Team vom Labor für Attosekundenphysik (LAP) des Max-Planck Instituts für Quantenoptik (MPQ) und der Ludwig Maximilians Universität (LMU) eine Messtechnik entwickelt, die diese Bewegungen erstmals direkt zugänglich macht.

Elektronenbewegungen sind die Basis unserer Elektronik. Über sie werden Informationen gespeichert, bearbeitet und weitergeleitet. Die heutige Elektronik scheint bei einigen Milliarden Schaltungszyklen pro Sekunde ihre höchstmögliche Geschwindigkeit erreicht zu haben, begrenzt durch die Wärme, die beim Ein- und Ausschalten des Stromes entsteht und den Schaltkreis aufheizt.

Das elektrische Feld von Licht, das Trillionen Mal pro Sekunde seine Richtung ändert, kann Elektronen ebenso schnell in einem Festkörper hin- und hertreiben und den Weg zum elektronischen Schalter der Zukunft ebnen. Voraussetzung ist allerdings, die Elektronenbewegungen und deren Konsequenzen für Wärmeentwicklung genau zu kennen. Physiker vom Labor für Attosekundenphysik am MPQ und der LMU haben bereits herausgefunden, dass es möglich ist Elektronen mit Frequenzen von Licht zu steuern (Nature, doi: 10.1038/nature11567, Nature, doi: 10.1038/nature11720, beide 5. Dezember 2012).

In einem Folgeexperiment haben die Forscher nun, ähnlich wie bei den vorherigen Versuchen, extrem starke, wenige-Femtosekunden-lange Laserpulse auf Glas (Siliziumoxid) treffen lassen (eine Femtosekunde ist ein Millionstel einer milliardstel Sekunde). Das Lichtfeld führte nur eine einzige starke Schwingung aus, also je einen großen „Ausschlag“ der Kraft, die dabei auf die Elektronen einwirkt, nach links und rechts. Die präzise Messung des zeitlichen Ablaufs des Lichtfeldes nach dessen Durchlauf durch die dünne Glasscheibe gewährt nun erstmals direkte Einblicke in die Attosekunden-schnelle Elektronenbewegungen, die Licht in einem Festkörper verursacht.

Mit ihrer neuen Messtechnik beobachteten die Wissenschaftler, dass die Elektronen geringfügig, um einige zehn Attosekunden (eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer milliardstel Sekunde), zeitversetzt auf das einfallende Lichtfeld reagierten. Diese zeitversetzte Reaktion bestimmt den Energietransfer zwischen Licht und Materie. Die Messung dieses Energie-Austausches innerhalb von einem Lichtzyklus erlaubt erstmals die Optimierung von Licht-Materie Wechselwirkungen für die ultimativ schnelle Signalverarbeitung. Je besser der reversible Austausch und je kleiner die Energie ist, die nach dem Schaltvorgang im Medium zurückgelassen wird, umso besser stehen die Chancen, die Wechselwirkung für künftige, lichtfeldgesteuerte integrierte Elektronik zu nutzen.

Durch die Kontrolle der Stärke des Lichtfeldes gelang den Forschern, diesen Energie-Austausch tatsächlich in diese Richtung zu optimieren. Bei bestimmten Feldstärken nahm der Festkörper erhebliche Energie in der ersten Hälfte des Lichtpulses auf, die er in der zweiten Hälfte des Pulses beinahe vollständig dem Lichtfeld zurückgab. Diese Erkenntnis liefert den wichtigen Hinweis, dass ein potentielles Schaltmedium für zukünftige lichtgesteuerte Elektronik nicht überhitzt. Die etwas unterkühlte Beziehung zwischen Glas und Licht eröffnet so möglicherweise den Weg zu einer dramatischen Beschleunigung der elektronischen Signal- und Datenverarbeitung, bis hin zu deren ultimativen Grenzen. Thorsten Naeser

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