Die Zeit
lässt sich von allen physikalischen Größen am
genauesten bestimmen und ist deswegen eine der wichtigsten
Messgrößen überhaupt. Die heutigen
Cäsium-Atomuhren würden nach etwa einer Million Jahren nur
etwa eine Sekunde falsch gehen. Mit einem so genannten optischen
Frequenzkamm, für den es im Jahre 2005 den Physik Nobelpreis
für Theodor Hänsch (einem der Autoren) und John Hall gab,
lässt sich diese Genauigkeit auf einfache Weise auf die
Spektrallinien eines Lasers übertragen. Für diesen Zweck wird
ein Speziallaser verwendet der extrem kurze Laserblitze erzeugt. Auf
diese Weise erhält der Laser bis zu einer Million Spektrallinien,
d.h. Farben, anstatt der sonst üblichen einzelnen Farbe. Werden
die Laserspektrallinien mit den Spektrallinien eines Sterns
(Fraunhofer-Linen) überlagert, so lassen sich diese mit der
Genauigkeit der Atomuhr vermessen. Durch die Bewegung des Sterns sind
diese Linien jedoch wegen des so genannten Doppler Effekts
gegenüber den auf der Erde beobachteten Linie Verschoben. Durch
die genaue Messung dieser Verschiebung kann daher die Geschwindigkeit
des Sterns relativ zur Erde gemessen werden. Der Fequenzkamm erlaubt
nun eine wesentlich höhere Genauigkeit dieses Verfahrens als
bisherige Methoden.
Kosmische Geschwindigkeiten sind eine sehr wichtige
Messgröße anhand derer zum Beispiel extrasolare Planeten,
also Planeten außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt werden
können. Weil Planeten im Vergleich zu Sternen sehr klein sind und
zudem nicht selber leuchten, sind sie mit einem Teleskop nicht
auszumachen. Das gilt selbst dann, wenn man das größte
Teleskop der Welt auf den nächsten Fixstern (Alpha Centauri 4,3
Lichtjahre) richtet. In der Tat war es bis vor wenigen Jahren nicht
bekannt ob es noch andere Sterne außer unserer Sonne mit Planeten
gibt. Denkbar, aber höchst unwahrscheinlich erschein die
Möglichkeit, dass unser Zentralgestirn das einzige mit bewohnbaren
Planeten von allein 200 Milliarden Sternen in unserer Galaxis ist.
Mittlerweile gibt es verschiedene Möglichkeiten um diese
extrasolaren Planeten zu detektieren. Eine sehr erfolgreiche Methode
ist es die winzige periodische Rückstoßbewegung des Sterns
der durch den Umlauf des Planeten verursacht wird zu messen. Dazu ist
eine sehr hohe Messgenauigkeit erforderlich. Unsere Sonne wird durch
den Umlauf der Erde mit nur etwa 10 cm pro Sekunde
"durchgeschüttelt". Dies ist eine im Vergleich zur
Umlaufgeschwindigkeit der Sonne um das Zentrum der Galaxis (220
Kilometer pro Sekunde) geradezu lächerliche Geschwindigkeit.
Deswegen gelingt es mit bisherigen Geschwindigkeitsmessungen lediglich
riesige Planeten (wie Jupiter) in einem kleinen Abstand zu einer
vergleichsweise kleinen Sonne zu detektieren. Mit der Genauigkeit des
Frequenzkamms wird es nun möglich sein auch bewohnbare
Erdähnliche Planeten die um Sonnenähnliche Sterne kreisen
nachzuweisen, falls es sie denn gibt.
Eine weitere wichtige Anwendung der genauen kosmischen
Geschwindigkeitsmessungen betrifft das Universum als Ganzes. Wir wissen
seit den ersten Geschwindigkeitsmessungen von Edwin Hubble in den 20er
Jahren des letzten Jahrhunderts, dass sich das Universum unaufhaltsam
ausdehnt. Dies wird im Rahmen der allgemeinen Relativitätstheorie
als eine gigantische Explosion, dem Urknall gedeutet. Jüngste
Messungen mit der Wilkinson Mikrowave Anisotropy Probe (WMAP)
legen den Schluss nah, dass sich das Universum sogar immer schneller
ausbreitet. Diese Beschleunigung scheint durch eine mysteriöse
Form der Energie, der so genannten "dunklen Energie" getrieben zu sein
wenn man den Gleichungen von Einsteins der allgemeiner
Relativitätstheorie glaubt. Das Problem ist, dass kein
ernstzunehmender Wissenschaftler momentan auch nur eine Ahnung hat um
was es sich bei der dunklen Energie handeln könnte. Soviel scheint
sicher, es ist keine der bisher bekannten Formen der Energie. Um einen
Ausweg aus diesem Dilemma zu finden kann man nach dieser Energieform
oder aber nach möglichen Fehlern in der allgemeinen
Relativitätstheorie fahnden. Diese Theorie ist, im Gegensatz zur
speziellen Relativitätstheorie noch nicht besonders gut getestet
und könnte also fehlerhaft sein. Der astronomische Frequenzkamm
bietet eine Lösung. Aufgrund der hohen Messgenauigkeit lassen sich
die Geschwindigkeiten von ausgewählten Teilen des Universums mit
einer solchen Präzision beobachten, dass nach wenigen Jahren klar
sein sollte ob sich diese Geschwindigkeiten ändern, oder ob diese
Schlussfolgerung lediglich ein Artefakt der dann wohl falschen
Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie ist.