Einzelne Atome als optische Transistoren

MPQ-Physiker manipulieren die Transparenz von Atomen mit Hilfe von Laserstrahlen.

13. Mai 2010

Die ständig fortschreitende Verkleinerung der Strukturen auf Computerchips führt dazu, dass bald die Grenze erreicht wird, jenseits der die Gesetze der klassischen Physik nicht mehr gelten. Weltweit gehen daher Wissenschaftler der Frage nach, ob und wie sich Quanteneffekte für die Übertragung und Verarbeitung von Informationen nutzen lassen. Vielversprechende Systeme sind z. B. Quantennetzwerke, in denen einzelne Lichtquanten die Daten zwischen den Knoten – z.B. einzelnen Atomen – übertragen. Dort werden die Informationen dann gespeichert und verarbeitet. Ein wichtiges Element bei der Entwicklung und Konzeption solcher Systeme ist die „Elektromagnetisch Induzierte Transparenz (EIT)“. Dieses Phänomen erlaubt es, die optischen Eigenschaften von atomaren Medien mit Hilfe von Licht drastisch zu verändern. Bislang wurde dieser Effekt nur an größeren Ensembles aus vielen hunderttausend Atomen nachgewiesen. Erstmals hat jetzt ein Team um Prof. Gerhard Rempe, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik und Leiter der Abteilung Quantendynamik, gezeigt, dass sich auch die optische Transparenz einzelner, in einem Mikroresonator gefangenen Atome mit Laserpulsen quasi per Knopfdruck kontrollieren lässt (Nature, Advanced Online Publication, DOI: 10.1038 /nature09093 May 2010). Dieses Ergebnis ist ein Meilenstein in der Entwicklung von Werkzeugen für die Quanteninformationsverarbeitung; es vertieft aber auch das Verständnis darüber, wie das Quantenverhalten einzelner Atome durch Licht gesteuert werden kann.

Der Begriff der „Elektromagnetisch Induzierten Transparenz“ beschreibt den Effekt, dass die Wechselwirkung zwischen einem schwachen Laserfeld und einem atomaren Medium durch ein zweites Laserfeld kohärent gesteuert und manipuliert werden kann. Um diesen Effekt zu erzielen, wird in der Praxis das Medium mit zwei Laserstrahlen beleuchtet: Unter dem Einfluss eines Kontroll-Lasers wird das Medium für den schwachen Teststrahl transparent. Darüber hinaus kann der EIT-Effekt dazu genutzt werden, Quanteninformation mit Hilfe von Lichtpulsen in Atomen zu speichern und wieder auszulesen. Damit lassen sich Schnittstellen zwischen den „fliegenden“, die Information übertragenden Photonen und den stationären, als Speicherbausteine genutzten Atomen verwirklichen. In allen bisherigen Untersuchungen wurde der EIT-Effekt an Ensembles aus sehr vielen Atomen demonstriert. In dem hier beschriebenen Experiment dagegen wird ein einzelnes Rubidium-Atom über längere Zeit in einem von zwei Spiegeln höchster Güte gebildeten Resonator eingefangen. Durch die Vielfachreflexionen wird die Licht-Materie-Wechselwirkung erheblich verstärkt, sodass Resonator und Atom ein stark gekoppeltes System bilden. Entlang der Resonatorachse wird nun Laserlicht eingestrahlt. Im Fall eines leeren Resonators wird das gesamte Licht durchgelassen. Die Anwesenheit eines Atoms führt dagegen dazu, dass das Licht reflektiert wird und die Transmission sinkt. Wird das Atom nun zusätzlich senkrecht zur Resonatorachse mit einem Kontroll-Laser beleuchtet, während die Bedingung für EIT erfüllt ist, wird das Atom wieder durchsichtig und maximale Transmission erzielt. Das einzelne Atom arbeitet also wie ein Transistor: es steuert, ob der Resonator Licht durchlässt oder nicht.

Optischer Transistor mit einem einzelnen Atom:
(a)
Durch die Anwesenheit des Atom wird das Licht reflektiert.
(b) Aufgrund des EIT-Effekts wird das Atom durchsichtig, und das gesamte Licht wird durchgelassen.

In weiteren Experimenten gelang es den Wissenschaftlern um Prof. Gerhard Rempe, diesen EIT-Effekt auch mit einer kontrollierten Zahl von Atomen im Resonator zu erzielen. „ Die Anwendung des EIT-Effekts auf eine gezielt eingestellte Zahl von Atomen gibt uns die Möglichkeit, viele Quanteneigenschaften des von dem Resonator durchgelassenen Lichtes zu steuern“, erklärt Martin Mücke, Doktorand am Experiment. „Gewöhnlich können Photonen nicht miteinander in Wechselwirkung treten. Mit unserem Experiment können wir ein lang erstrebtes Ziel erreichen: eine starke Wechselwirkung zwischen Photonen, die von einem einzelnen Atom vermittelt wird. Dieser Aufbau ist ein potentieller Baustein für den Quantencomputer der Zukunft.“ Olivia Meyer-Streng

Kontakt:

Prof. Dr. Gerhard Rempe
Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik
Hans-Kopfermann-Straße 1, 85748 Garching b. München
Telefon: +49 (0)89 32905 -701 / Fax: –311
E-Mail:   gerhard.rempe@mpq.mpg.de

Dr. Eden Figueroa
Max-Planck-Institut für Quantenoptik
Hans-Kopfermann-Straße 1, 85748 Garching b. München
Telefon: +49 (0)89 32905 -241
E-Mail:   eden.figueroa@mpq.mpg.de

Dipl. Phys. Martin Mücke
Max-Planck-Institut für Quantenoptik
Hans-Kopfermann-Straße 1, 85748 Garching b. München
Telefon: +49 (0)89 32905 -356
E-Mail:   martin.muecke@mpq.mpg.de

Dr. Olivia Meyer-Streng
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Quantenoptik, Garching
Telefon: +49 (0)89 32905 -213
E-Mail:   olivia.meyer-streng@mpq.mpg.de

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